Wer meint, in den Kellern der Universitäts- und Stadtbibliotheken lägen nur langweilige Bücher und Zeitschriften, hat sich geirrt. Durch ein schmales Treppenhaus und endlose Gänge gelangt man in einen Bereich, der für BibliotheksnutzerInnen normalerweise nicht zugänglich ist. Hier befindet sich das Allerheiligste des Universitätsarchivs. Mehr als zwei Regalkilometer gefüllt mit Akten aus den letzten 110 Jahren Kölner Universitätsgeschichte ziehen sich durch die Kellerräume. Die älteren Dokumente lagen im Kölner Stadtarchiv. Ob sie den Einsturz 2009 überstanden haben, ist bislang unklar.
Nicht jedes Dokument schafft den Weg ins Archiv. Zunächst werden weniger wichtige Arbeiten aussortiert. Etwa 80 Prozent kommen dabei laut Archivar Andreas Freitäger direkt in den Schredder: »Eine Bachelorarbeit ist für uns normalerweise weniger interessant als der Nachlass eines Professors aus der Zeit des Nationalsozialismus.«. Die meisten Anfragen an das Archiv betreffen Forschung und Lehre im Dritten Reich. Dabei kommt vieles ans Licht, was Nachfahren Kölner ProfessorInnen lieber in den Kellern hätten verstauben lassen. Aber auch die Geschichten von Opfern des Nationalsozialismus liegen hier verborgen. TeilnehmerInnen eines Hauptseminars am Historischen Institut forschten vor einigen Jahren im Archiv zum Thema Doktorgradentziehungen an der Uni Köln im Dritten Reich. Dabei ging es nicht etwa wie heutzutage um Plagiate, sondern um so genannte »Delikte« von ForscherInnen, die nicht in das Weltbild der Nazis passten. Die Ergebnisse der Archivarbeit führten zu einer kritischen Auseinandersetzung des Rektorats mit diesem Thema und letztendlich zur Rehabilitierung vieler Betroffener.
Archiviert wird vor allem personenbezogenes Material, das nach Ablauf einer gesetzlichen Sperrfrist jedem Interessierten zugänglich ist. Dazu muss man sich auch nicht in den Keller begeben, sondern kann die bestellten Dokumente in einem BesucherInnenraum einsehen. Freitäger betont, dass das Archivgesetz in erster Linie für BenutzerInnen gemacht sei und nicht etwa der Geheimhaltung bestimmter Dokumente diene.
Neben den Akten sammelt das Archiv auch verschiedenste Gegenstände des Unialltags, wie etwa Tafelsilber, welches sich der Senat 1922 angeschafft hat, oder aber die selbstgemalten Gemälde eines ehemaligen Rektors. »Solche Dinge gehen leider viel zu oft verloren«, sagt Freitäger, der daher auch SekretärInnen und HausmeisterInnen zu seinen engsten Verbündeten auf der Suche nach neuen Artefakten zählt. Sein Traum wäre es, ein Universitätsmuseum zu eröffnen.