Wahlen im Zeichen des Krieges. Die philtrat stellte allen kandidierenden Gruppen vier Fragen: 1. Wie steht Eure Gruppe zum Studienkontenmodell? 2. Bei der Rasterfahndung hat auch die Universität Köln Daten weitergegeben. Was haltet Ihr davon? 3. Die USA und die NATO führen Krieg in Afghanistan. Wie ist Eure Position dazu? 4. Wie sollten sich die StudentInnenvertretungen zum Krieg verhalten?
Robert Kevecordes, Neue Rosa Liste
Eine Bemerkung vorweg: Wenn man uns wählt, wählt man die hochschulpolitischen Schwerpunkte, die in unserer Wahlzeitung stehen. Zur Frage: Wir haben bis dato keine Diskussion dazu gehabt - die vergangenen Rosa Listen hatten aber eine klare Position, wenn man z.B. an den letzten linken AStA denkt. Wie das mit der jetzigen Rosa Liste aussieht ist noch unklar. Unsere Schwerpunkte liegen bislang woanders. Ich persönlich lehne jede Art von »Verstundenplanisierung« von Studienleistungen und das Nicht-Ausschließen von Studiengebühren rigoros ab.
Für mich persönlich steht fest: Die Innere Sicherheit auf der einen Seite und die Daten von Studis auf der anderen Seite stehen für mich auf derselben Ebene wie z.B. die Kameraüberwachung im Hauptgebäude. Das ist eine Sache, die ich strikt ablehne. Dies kann ich aber noch nicht als Gruppenmeinung verkaufen. Wir sind da noch nicht weit genug mit der Diskussion.
Wir verstehen uns als schwul-lesbische Interessenvertretung und lehnen daher das repressive Regime, das vorher in Afghanistan bestand, mit seinem mittelalterlichen Weltbild, seinem mittelalterlichen Rollenverständnis der Frau und seinem mittelalterlichen Schwulenverständnis ab. Das Ende des Taliban-Regimes ist sicherlich etwas, was wir begrüßen können. Ob ein Krieg und die Tatsache, dass die USA dort Weltimperialismus spielen, die richtigen Mittel sind, da möchte ich mich nicht zu weit aus dem Fenster lehnen, ich persönlich glaube das eher nicht.
Das ist eine Frage der Hochschulnähe des Themas. Ich persönlich bin immer der Meinung gewesen, dass die Hochschule integrierter Bestandteil der Gesellschaft ist. Eine Hochschule als »Staat im Staate« ist eine Sache, die nicht sein darf.
Gerrit Weber, RCDS
Der RCDS Köln lehnt das Studienkontenmodell von Einspar-Ministerin Behler strikt ab - übrigens ebenso wie alle anderen Arten von offenen und verdeckten Studiengebühren. Sie sind unsozial und dienen bei Lichte besehen allein der Aufbesserung der Kasse des Landesfinanzministers. Frau Behler sollte zur Abwechslung mal die naheliegende Methode zur Verkürzung von Studienzeiten anwenden und endlich mehr Geld in die Hochschulen stecken!
Die RCDS-Fraktion im Studentenparlament hat sich mehrheitlich der Resolution gegen die Herausgabe der Daten angeschlossen. Wir sollten uns jetzt vor allem um die negative Wirkung dieser Maßnahmen auf unsere Kommilitoninnen und Kommilitonen aus islamischen Ländern kümmern. Hier müssen wir ganz deutlich machen, dass diese Menschen nach wie vor hoch willkommen bei uns sind!
Die Mehrheit unserer Mitglieder befürwortet den Einsatz deutscher Truppen. Aber es gibt auch manche, die ihn ablehnen. Ich persönlich empfinde bei den Bombenangriffen auf Kabul alles andere als Genugtuung. Vor allem, weil in diesem Krieg auch unbeteiligte Zivilisten sterben. Aber: Auch im Zweiten Weltkrieg sind unbeteiligte Zivilisten gestorben. War der Krieg der Alliierten gegen Hitler-Deutschland deshalb etwa falsch? Die Frage lautet: Was wäre die Alternative zu den Angriffen auf Afghanistan gewesen? Hätten wir tatenlos auf den nächsten - vielleicht atomaren - Terroranschlag warten sollen?
Aus unserer Sicht besteht für den AStA kein Grund, sich zum Krieg zu äußern. Aufgabe von SP und AStA ist es, sich um die Probleme der Studentinnen und Studenten an der Uni zu kümmern. Um sich allgemeinpolitisch zu engagieren gibt es doch eigentlich auch genügend andere Foren: Parteien, Bürgerinitiativen oder die Friedensbewegung zum Beispiel.
Martin Schüller, Liberale Hochschulgruppe (LHG)
Dringendes Ziel der Bildungspolitik unserer Zeit muss die unbedingte Steigerung der Qualität von Lehre und Forschung an deutschen Universitäten sein. In der momentanen Situation ist kein vernünftiger Ansatz für eine wirkliche Verbesserung in Sicht. Dieses Studienkontenmodell wirkt so, als ob sich die Bildungsministerin aus ihrer politischen Verantwortung drücken möchte. Anstatt die Probleme der Unis konkret anzugehen, soll der Druck auf die Studenten erhöht werden.
Die LHG sieht ihre Wurzeln in der Tradition der freiheitlichen Grund- und Menschenrechte. Wir meinen, dass die Rasterfahndung bestimmte Gruppen unserer Gesellschaft unter einen Generalverdacht stellt. Auch verstärkt diese sicherheitspolitische Debatte mitsamt der laufenden Rasterfahndung Misstrauen und Fremdenfeindlichkeit in unserer Gesellschaft. Schon bei der Einführung dieser Ermittlungsmethode im Kampf gegen die RAF wurde der Nutzen dieser Methode in Frage gestellt.
Wir glauben, dass die Bildung einer großen Allianz das Eskalationspotential, das in diesem Konflikt steckt, mindern kann. Wenn das Kriegsziel Terrorismusbekämpfung lautet, ist die Einsetzung des Militärs kein adäquates Mittel. Dringend müssen sich die politischen Verantwortlichen deshalb der Frage nach greifenden Konzepten zuwenden! Neben der Sicherheitsfrage dürfen die humanitären Belange in Afghanistan nicht vergessen werden. Zudem muss nach einem gerechten politischen System gesucht werden.
Die neuen sicherheitspolitischen Maßnahmen betreffen in besonderem Maße die Studierendenschaft. Daher sollte ein AStA ungeachtet politischer Strömungen die Studenten für die Dimension der augenblicklichen politischen Vorgänge sensibilisieren - jedoch ohne sie in eine bestimmte politische Richtung hin zu beeinflussen.
Karsten Kratz, Die Unabhängigen
Die Unabhängigen lehnen Studiengebühren in jeglicher Form ab. Dies gilt damit auch für das Modell der Studienkonten. Durch Studienkonten wird den Menschen ab einem bestimmten Punkt das Recht auf Bildung genommen, welches man sich teuer zurückkaufen muss. Ferner sehen wir Langzeitstudiengebühren, wovon die Studienkonten eine Variation sind, als unsozial an. Außerdem haben wir die Befürchtung, dass die Einführung von Langzeitstudiengebühren nur der erste Schritt ist, generell Studiengebühren ab dem ersten Semester einzuführen. Wir wollen nicht, dass sich der Staat noch mehr aus der Verantwortung für die Bildung zurückzieht.
Wir lehnen die Rasterfahndung ab. Zwar hat der Staat für die Sicherheit zu sorgen, doch kann diese Sicherheit nicht durch die Aufgabe der persönlichen Freiheit erkauft werden. Dadurch, dass ohne konkreten Anfangsverdacht ermittelt wird, dreht man unser rechtsstaatliches Prinzip der Unschuldsvermutung um. Besonders aus dem Ausland kommende Studierende werden durch die Rasterfahndung als potenzielle Terroristen eingestuft. Die Rasterfahndung hat schon zu RAF-Zeiten bewiesen, dass sie kein sinnvolles Mittel darstellt.
Zwar äußert sich ein großer Teil der Unabhängigen durchaus kritisch zum Krieg gegen Afghanistan, jedoch sehen wir als Hochschulgruppe es nicht als unsere Aufgabe an, uns zu diesem Thema zu äußern oder hier zu handeln.
Wir als Hochschulgruppe glauben nicht, dass es unsere Aufgabe ist, Allgemeinpolitik zu betreiben. Unsere Aufgaben sehen wir vielmehr darin, uns unmittelbar für die Studierenden vor Ort einzusetzen. Sei es im AStA, in Fachschaften, im Senat, in der Engeren Fakultät oder in vielen weiteren Gremien, in denen wir versuchen, die Studienbedingungen in Köln zu verbessern und das Studium hier erträglich zu machen.
Silke Weber, Juso-Hochschulgruppe
Wir lehnen Studienkonten und Studiengebühren ab. Studienkonten beinhalten natürlich auch die Einführung von Studiengebühren. Es ist nicht verantwortbar, dass mit der Einführung von Studiengebühren die Unterfinanzierung der Hochschulen auf die Studierenden abgewälzt wird. Gerade beim Studienkontenmodell finden wir die soziale Ungleichheit problematisch: Menschen, die es sich leisten können, ihr Studium schnell zu beenden, werden zusätzlich belohnt, indem sie kostenlose Weiterbildungsangebote in Anspruch nehmen können. Abgesehen davon kritisieren wir, dass Studiengebühren zu Schmalspurbildung führen.
Wir lehnen die Rasterfahndung und auch den Großteil der anderen Sicherheitsmaßnahmen von Otto Schily ab: Hier werden die Errungenschaften des Rechtsstaates geopfert. Es macht keinen Sinn, einen so genannten Schläfer mit so unpräzisen Kriterien zu suchen. Diese Einschränkungen der Grundrechte stehen in keinem Verhältnis zu der zu befürchtenden Gefahr weiterer Terroranschläge.
Generell halten wir Krieg für kein Mittel, um politische Konflikte zu lösen und wir finden es auch erschreckend, dass sich Schröder hinter so ein Vorgehen stellt und eine Diskussion über die Ursachen für diese Terroranschläge nicht mehr geführt wird. Das wäre für uns ein Weg, unsere politischen Vorstellungen von einer gerechten Welt durchzusetzen und nicht mit Streubomben in Kombination mit Fresspaketen gegen die Zivilbevölkerung vorzugehen.
Wir haben uns schon immer für das politische Mandat eingesetzt, gerade bei der Rasterfahndung kann man erkennen, dass die Universitäten nicht außerhalb der Gesellschaft stehen. Wir hoffen, dass eine Stellungnahme seitens der Studierendenschaft irgendwann gesetzlich erlaubt wird, was unser AStA aber wohl auch nicht wahrnähme, wenn er dürfte.
Susann Kern, Lust
Wir lehnen das Studienkontenmodell in der Form komplett ab, weil es vor allem die StudentInnen benachteiligt, die während ihres Studiums arbeiten müssen. Es löst die Probleme nicht, sondern trägt zur Verschärfung bei. Das Modell knüpft nicht an der Ursache an, sondern ist der Versuch, die Symptome zu bekämpfen. Das ist unserer Meinung nach nicht richtig. Dieser Ansatz hält noch mehr Menschen davon ab zu studieren. Unseres Erachtens verstößt das gegen die Selbstbestimmung des Studiums.
Die Lust lehnt die Rasterfahndung ab, weil das kein adäquates Mittel ist. Man stellt damit eine heterogene Menge von Leuten unter Generalverdacht und versucht die Nadel im Heuhaufen zu finden. Das verschärft die Situation der Ausländer, die sich dadurch einer neuen Feindseligkeit gegenüber sehen, weil jeder arabisch aussehende Mensch vielleicht jetzt direkt verdächtigt wird. Deshalb lehnen wir das auf jeden Fall ab, weil die Ungleichheit verschärft wird.
Wir haben in der letzten Sitzung des StudentInnenparlamentes (SP) einen Antrag gegen den Krieg in Afghanistan und Krieg generell eingebracht, der leider nicht einstimmig verabschiedet wurde, Der Krieg trifft sowieso immer die falschen Leute. Ich glaube, dass Amerika und die NATO ihr Gewaltmonopol einfach ausgenutzt haben und nicht versucht haben, diesen Konflikt auf politischer Ebene zu lösen. Man hätte sich einfach mehr Mühe geben müssen.
Wir fordern das Allgemeinpolitische Mandat, weil wir der Meinung sind, dass die Hochschule ihren Platz in der Gesellschaft hat und in einer wechselseitigen Beziehung zur Gesellschaft steht. Und ich denke mal, dass man auch sieht, dass wir im SP dieses Gesetz, das uns vorschreibt, uns zu diesem und jenem nicht zu äußern, nicht achten. Es ist auf jeden Fall angebracht, auch mal über den Tellerrand zu schauen.
Dagmar Abrech, Alternative Liste (AL)
Die Alternative Liste (AL) lehnt Studiengebühren grundsätzlich ab. Die jetzigen Bildungsbeschränkungen sind hart genug: Muss der Zugang zu Bildung durch ein Abitur geregelt werden? Das Problem beim Studienkontenmodell ist, dass die Universitäten für nicht in Anspruch genommene Stunden Geld bekommen sollen. Es wird zu einer weiteren Entschlackung der Studieninhalte, also zu Kurzstudiengängen, führen. Bildung wird damit noch weiter reduziert. Das ist kein Denkansatz, den die AL vertreten könnte.
Die Rasterfahndung ist eine Unverschämtheit. Sämtliche männlichen Studenten stehen unter Verdacht, nur weil sie studieren. Dass der AStA sich nicht dagegen wehrt, ist ein Armutszeugnis. Damit kommt er einer seiner grundlegendsten Aufgaben nicht nach. Als gewählte Vertretung der StudentInnen muss der AStA die Interessen seiner Körperschaftsmitglieder verteidigen.
Wenn es nicht so tragisch wäre, wäre es fast schon lächerlich. Im Namen der Zivilisation wird eine humanitäre Katastrophe ausgelöst. Die AL ist grundsätzlich gegen Krieg. Wir sind die einzige Gruppe, die sich öffentlich zu diesem Krieg geäußert hat, die auf der StudentInnendemo gegen den Krieg vertreten war. Zusammen mit den Jusos haben wir versucht, einen Zuschuss für die Finanzierung des Studentischen Friedensbündnisses durchzusetzen. Der AStA war aber der Meinung, es handele sich nicht um Belange der StudentInnenschaft.
Die AL hat sich schon immer umfassend für das Allgemeinpolitische Mandat ausgesprochen. Über die Lebenshaltungskosten von StudentInnen kommen wir automatisch zur kommunalen oder landesweiten Sozialpolitik. Und wer sich da selbst beschränkt, kann letztlich überhaupt keine ernst zu nehmenden politischen Aussagen treffen.