1915 hatten ehemalige SklavInnen versucht, Entschädigungen in Höhe von 68 Millionen Dollar von der US-Regierung einzuklagen. Ausgeglichen werden sollten hiermit Einnahmen US-amerikanischer Baumwollplantagen aus SklavInnenarbeit. Die Klage wurde jedoch mit der ebenso einfachen wie absurden Begründung abgelehnt: Die US-Regierung könne nicht gegen ihren eigenen Willen verklagt werden.
Vor wenigen Wochen haben nun mehrere AnwältInnen Sammelklagen gegen drei US-amerikanische Firmen eingereicht: Den Versicherungskonzern Aetna, die Eisenbahngesellschaft CMX und die Bank FleetBoston. Sie sollen von SklavInnenarbeit profitiert haben. CMX beispielsweise soll Gleisanlagen besitzen, die von SklavInnen errichtet wurden.
Die beklagten Firmen lehnen jegliche Entschädigungsleistungen ab. In einer Pressemitteilung erklärte Aetna, dass Ereignisse vor mehreren hundert Jahren nicht das heutige Unternehmen widerspiegeln würden. Zudem habe der Konzern in den letzten zwanzig Jahren insgesamt 36 Millionen US-Dollar in Projekte der afro-amerikanischen Community investiert. Das 1853 gegründete Unternehmen gesteht jedoch ein, in mindestens 16 Fällen Lebensversicherungen für SklavInnen ausgestellt zu haben. In der Pressemitteilung wird jedoch verschwiegen, dass die Summe an die BesitzerInnen ausgezahlt werden sollte und nicht an Angehörige der SklavInnen.
In US-amerikanischen Medien wird die Sammelklage kritisch gesehen. »Courts cannot and should not now be asked to judge the wrongs of a different and distant century,« urteilt beispielsweise die Financial Times. In deutschen Medien wird hingegen auf die Parallele zu den Sammelklagen von ehemaligen NS-ZwangsarbeiterInnen gegen deutsche Unternehmen verwiesen. Laut Frankfurter Rundschau (FR) hätten diese als Muster gedient. Zugleich betont die FR, dass die Chancen der KlägerInnen als eher gering zu bewerten seien. Im Gegensatz zu den ehemaligen NS-ZwangsarbeiterInnen seien die Opfer nicht mehr am Leben. Auch seien die Ansprüche längst verjährt.
Offiziell abgeschafft wurde die Sklaverei in den USA nach dem Ende des US-Amerikanischen Bürgerkrieges im Jahr 1865. Bis Mitte des 19. Jahrhunderts sollen mindestens 12 Millionen SklavInnen von Afrika nach Übersee verkauft worden sein. Die Forderung nach Entschädigungszahlungen hat eine fast ebenso lange Tradition. Neben der abgewiesenen Klage aus dem Jahr 1915 hat unter anderem auch der US-amerikanische BürgerInnenrechtler und Friedensnobelpreisträger Martin Luther King 1963 Ansprüche auf Ausgleichszahlungen für Afro-AmerikanerInnen erhoben.