Endlich fallen sie weg, die »stereotypen, administrativen und bürokratischen Prozesse, wie die jedes Semester anfallende Neuerstellung von Vorlesungsverzeichnissen, DozentInnenseiten und Literaturverzeichnissen«, freut sich Horst Lohnstein, Architekt des neuen Computersystems UK-Online.
Das System wurde zunächst im Institut für deutsche Sprache und Literatur konzipiert, wird nun aber bereits für die gesamte Universität eingerichtet. Ursprünglich war es dazu gedacht, Pflege und Aktualisierung von Internetseiten der Universität zu dezentralisieren: Das Webangebot wird dabei in einer Datenbank gelagert, und kann von jeder/jedem DozentIn persönlich mit Semesterankündigungen, Terminänderungen oder Literaturangaben gestaltet werden.
Schnell erfolgte die Weiterentwicklung dahingehend, dass auch das Anmeldeverfahren für Lehrveranstaltungen über UK-Online geregelt werden sollte. Die Einrichtung von individuellen Accounts für StudentInnen ist allerdings mit Problemen verbunden: Bisher stellte die Universitätsverwaltung den Fakultäten lediglich anonymisierte Daten der StudentInnen wie Matrikelnummer, Geburtsdatum und Studienfächer zur Verfügung. Für UK-Online werden jedoch auch personenbezogene Informationen wie Name und Adresse benötigt. Eine derartige Datenerhebung ist allerdings aus datenschutzrechtlichen Gründen verboten; sie wird nur dann als zulässig erachtet, wenn die einzelnen StudentInnen eine schriftliche Einverständniserklärung zur Weitergabe ihrer Daten abgeben. Da die Unterzeichnung der Erklärung aber nur freiwillig geschehen darf, kann die Nutzung von UK-Online nicht verpflichtend sein. Daher muss die Möglichkeit einer persönlichen und schriftlichen Anmeldung über Listen weiterhin beibehalten werden.
»Ich denke, dass ab diesem Semester diese Einverständniserklärung höchstwahrscheinlich schon nicht mehr notwendig sein wird. Allerdings wird die Einverständniserklärung für alle StudentInnen, die vor diesem Semester angefangen haben, nach wie vor Gültigkeit haben«, vermutet Lohnstein.
Die datenschutzrechtlichen Regelungen kollidieren außerdem mit einer Bestimmung des neuen Hochschulgesetzes, das Zwangsstudienberatungen vorsieht. Die Fakultäten sind nun gesetzlich dazu verpflichtet, die StudentInnen persönlich und schriftlich über die anstehenden Beratungen zu informieren. Wenn sie aber die dafür benötigten Namens- und Adressdaten bei der Verwaltung einholen, übergehen sie in rechtlich zweifelhafter Weise die Vorgaben zur Datenweitervergabe.
Wie aber sollen die unterschiedlichen Verfahren bei StudienanfängerInnen und bereits eingeschriebenen StudentInnen begründet werden angesichts der Tatsache, dass man sich mit dem anscheinend nicht sorgfältig abgestimmten Hochschulgesetz in eine rechtliche Grauzone manövriert hat? Wie steht es um die Möglichkeit der kommenden ErstsemesterInnen, selbst über die Nutzung von UK-Online zu entscheiden?
Fraglich bleibt zudem, ob die StudentInnen-Datenbank in Zukunft auch von anderen Institutionen genutzt werden kann. Im Gegensatz zu Dekanaten und Ämtern haben bislang nur die Geschäftszimmer der Institute Zugriff auf Namen und Adressen der StudentInnen; DozentInnen erfahren die Namen erst, wenn sich StudentInnen für ihre Lehrveranstaltung anmelden. Zu weiteren Plänen mit UK-Online existieren bisher nur vage Vorstellungen. So sei laut Lohnstein angedacht, »die Karteien in den Geschäftszimmern mit den Leistungsnachweisen der Studenten abrufen zu können«.
Nicht nur aus studentischer Sicht machen solche Entwicklungen hin zu erhöhter Kontrolle und schrittweiser Einschränkung des selbstbestimmten und eigenverantwortlichen Studiums Sorgen. Auch von Seiten der DozentInnen werden kritische Stimmen laut, etwa bezüglich des umstrittene Themas der Lehrevaluation. Dazu Lohnstein: »Es wird gemunkelt und erzählt, dass das System dafür verwendet werden kann. Und das stimmt. Man könnte es dafür verwenden. Die Frage ist, ob man es verwenden wird.«
Auch wenn mit UK-Online bis jetzt anscheinend in erster Linie nur die Erleichterung bestimmter bürokratischer Akte an der Universität intendiert ist, dürfen die auftretenden Probleme und Risiken, die unweigerlich mit einer groß angelegten Sammlung personenbezogener Daten einhergehen, nicht vergessen werden. Der sich abzeichnende Trend, Datenschutzbestimmungen zu ignorieren, sollte von studentischer Seite kritisch registriert und verhindert werden.
Julia Trompeter ist Mitglied im SprecherInnenrat der Philosophischen Fakultät und aktiv in der Fachschaft Philosophie.