200 Jahre Lehramtsausbildung: Dieses Jubiläum wird die Universität Bonn wohl nie feiern. Seit ihrer Gründung 1818 hat die Universität Lehrkräfte ausgebildet. Bis dieses Jahr, da entschied die nordrhein-westfälische Bildungsministerin Gabriele Behler (SPD), dass Bonn nicht am Modellversuch für eine neue Ausbildung von Lehrpersonal teilnimmt. Bereits letztes Jahr hatte Behler die Ausbildung nach alter Art gestoppt.
»Das faktische Aus für die Lehramtsausbildung«, stellte die Universität Bonn »mit Enttäuschung« fest. »Ein schmerzhafter Verlust für unsere Universität und ein rabenschwarzer Tag für die Schullandschaft in Nordrhein-Westfalen«, kommentierte Prorektor Matthias Herdegen den Beschluss.
Hintergrund dieser Entscheidung waren Empfehlungen des ExpertInnenrates, eines Gremiums, das im Rahmen des so genannten Qualitätspaktes nach Einsparmöglichkeiten an den NRW-Hochschulen suchen sollte. Mit dem Qualitätspakt wurden landesweit zweitausend Stellen gestrichen. Für die Lehramtsausbildung empfahl der Rat das angelsächsische Bachelor- und Mastermodell. Die künftigen PädagogInnen würden demnach zuerst einen rein fachwissenschaftlichen Bachelor-Abschluss erwerben, der Master schließlich die FachwissenschaftlerInnen zu Lehrpersonal weiterqualifizieren. Der Einspareffekt liegt darin, dass der fachwissenschaftliche Bachelor an jeder Universität gemacht werden kann. Die Qualifikation fürs Lehramt durch den Master bliebe einigen wenigen Universitäten überlassen. Bonn und Düsseldorf sollen nicht dazu gehören, entschied der ExpertInnenrat.
Doch die Universität Bonn protestierte gegen die Pläne, zunächst mit Erfolg. Im März 2001 wurde eine Erprobungsklausel zwischen Bonn und dem Düsseldorfer Ministerium vereinbart. Ein Jahr hatte Bonn demnach Zeit, ein eigenes Konzept für die LehrerInnenausbildung vorzulegen. Mit Bachelor- und Masterstudiengängen, versteht sich.
Dieses Konzept legte die Universität im Januar vor. Doch einen mittlerweile vom NRW-Bildungsministerium ausgeschrieben Modellversuch gewannen die Universitäten Bielefeld und Bochum. Hier sollen die neuen Studiengänge als bundesweit einmaliger Modellversuch eingeführt werden. Für die Bonner Lehramtsausbildung bedeutete dies das Ende. Für den Gewinner Bochum war es ein Erfolg: Die Ruhr-Universität hätte nach Empfehlungen des ExpertInnenrates die Lehramtsausbildung nur noch unter der Regie von Dortmund anbieten können.
Einen »Treppenwitz« nennt das Jürgen Schmitter, Landesvorsitzender der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW). Ausgerechnet die Universitäten, die der ExpertInnenrat besonders kritisiert habe, seien jetzt an der Spitze der ReformerInnen. »Zu einer guten Lehrerausbildung führt das ganz sicher nicht«. Michael Schulte, GEW-Geschäftsführer an Rhein und Ruhr, kritisiert die Universitäten in Bonn und Duisburg. Wenn schon gespart werde, habe es sicher die richtigen getroffen. Beide Universitäten hätten versucht, »Lehrer zu Fachwissenschaftlern zu machen«.
Das Bachelor/Master-Modell stößt bei der Gewerkschaft auf Ablehnung. »Die Orientierung am Lehrerberuf muss von Anfang an im Mittelpunkt stehen«, fordert Schulte. Gegen den Modellversuch der Landesregierung hat er allerdings nichts.
Angesichts der Sparpolitik des Staates wittern private Hochschulen ein neues Betätigungsfeld. Walther Ch. Zimmerli, Präsident der Privatuniversität Witten-Herdecke, will konsequenterweise sein Haus als »eine der bedeutendsten Reform-Bildungseinrichtungen Deutschlands« ins Spiel bringen und auch LehrerInnen ausbilden, was bisher Domäne der staatlichen Hochschulen ist.