Fünf Tage lang herrschte im Büro des SprecherInnenrates der Philosopischen Fakultät der Universität Köln (Phil-SpRat) der Ausnahmezustand. Unter der Regie des Aktionsbündnisses gegen Studiengebühren in Nordrhein-Weestfalen (ABS NRW) wurden von VertreterInnen verschiedener Fachschaften, des Phil-SpRat und der Uniweiten Fachschaftenkonferenz (Uni-FSK) über 10000 kopierte Unterschriftenlisten gezählt, sortiert und für die Präsentation vor dem Landtag vorgefaltet. Im Phil-SpRat stapelten sich zehn Kilo Zimmermannsnägel, 35000 Stück Tackermunition, 230 Holzlatten, über sechs Kilometer Schnur und 17 Kartons mit Originalunterschriften. Die Kopierer in der Druckerei Werbelegislative im Weyertal standen nur noch still, wenn sich wieder einmal Tacker in der Mechanik verfangen hatten.
»Das enorme studentische Engagement für diese Aktion hat gezeigt, dass die Proteste gegen Studiengebühren mit der Aussetzung des Streiks nicht eingeschlafen sind, sondern selbst während der vorlesungsfreien Zeit andauern«, sagte Bea Schulz vom SpRat, die nach zahlreichen Nachtschichten auch schon mal auf dem zerschlissenen Sofa im Büro übernachtet hatte.
Die Unterschriften waren seit Beginn der StudentInnenproteste im Mai bis zum Ende des Semesters in Nordrhein-Westfalen gesammelt worden. Mehr als 117000 Menschen und über einhundert Organisationen hatten die Forderung des ABS NRW unterschrieben und sich damit nicht nur gegen Verwaltungsgebühren oder Strafgebühren für so genannte LangzeitstudentInnen ausgesprochen. Gefordert wurde die bundesweite Verankerung eines generellen Verbotes von Studiengebühren im Hochschulrahmengesetz und die Bereitstellung ausreichender Finanzmittel für alle Bildungseinrichtungen und BildungsteilnehmerInnen vom Kindergarten bis zur Weiterbildung.
Mehrere Demonstrationen waren im Umfeld der Landtagssitzung am 10. September angekündigt, darunter die des Beamtenbundes und der Polizeigewerkschaft. Wie der WDR in seinem Fernsehbeitrag in NRW am Mittag kommentierte, kamen die StudentInnen allerdings an diesem Morgen als erste aus den Federn und reisten mit einem Leihtransporter um 6 Uhr morgens in Düsseldorf an.
Das Spannen der Wäscheleine hatte der Logistiker Boris Siuda von der Fachschaft Philosophie bereits bei Proben auf der Wiese hinter dem StudentInnenhaus perfektioniert; für das Antackern der Unterschriftenlisten wurde die Zeit gestoppt. Dennoch reichten Zeit, Personal und vor allem der Platz an diesem Morgen nicht, um alle Unterschriftenlisten vor dem Landtag aufzuhängen. Im Zickzack zog sich gegen Mittag auf der Wiese um das Landtagsgebäude eine über dreieinhalb Kilometer lange Wäscheleine mit gerade mal der Hälfte der Unterschriftenlisten, kopiert auf rotes und grünes Papier.
Die NRW-Bildungsministerin Gabriele Behler (SPD) jedoch weigerte sich, die Kartons mit den Originalunterschriften persönlich entgegenzunehmen und schickte einen Mitarbeiter. Der kam, sah die Menge der Pakete und holte erst einmal einen Wagen zum Abtransport der Listen.
Markus Struben, Landeskoordinator des ABS NRW, bemängelt indes, dass das Ministerium bisher noch keine Reaktionen gezeigt hat. Er betonte aber, dass noch keine endgültigen Entscheidungen in der Studiengebührenfrage getroffen seien, da die Gesetze zur Einführung von Studiengebühren bisher nicht in den Landtag eingebracht wurden, und stellte fest: »Jetzt gilt es, die Proteste im nächsten Semester wirksam fortzuführen. Noch haben wir nicht verloren.«