Nun soll das schwarz-grüne »Notstandsregime« (Kölner Stadt-Anzeiger) den Karren aus dem Dreck ziehen und die Haushaltslücke von 540 Millionen Euro schließen. Neue Kürzungspläne sind mittlerweile öffentlich geworden. Leiden sollen vor allem SozialhilfeempfängerInnen, SchülerInnen, Behinderte, Jugendliche, Wohlfahrtsverbände, Arbeitslose, AIDS-Kranke, Bürgerhäuser und Bibliotheken. Aber auch Museen und freie wie städtische Theater sollen zur Konsolidierung der klammen städtischen Finanzen beitragen, und beim Breitensport wird ebenso gespart wie beim Interkulturellen Referat. Was hatte die grüne Fraktionschefin Barbara Moritz doch gleich versprochen? »Köln wird ein stärker soziales Gesicht bekommen.«
Ein gewichtiger Grund für die desolate Lage des Kölner Haushalts liegt in den sinkenden Erträgen aus der Gewerbesteuer: Diese wichtigste Einnahmequelle sank binnen der letzten fünf Jahre von 711 auf 566 Millionen Euro. Schuld daran ist nicht nur die lahmende Konjunktur. Köln leidet überproportional unter den Eichelschen Steuerreformen. Von denen profitieren vor allem Großkonzerne: Sie können ihre Bilanzen schön rechnen und führen in der Folge auch weniger Gewerbesteuer an die Städte und Gemeinden ab - wenn sie denn überhaupt noch zahlen.
Der Gewerbesteuer-Kuchen wurde indes nicht nur kleiner, auch Land und Bund dürfen nun kräftiger zulangen. Für Köln bedeutete dies in den beiden letzten Jahren zusätzliche Belastungen in Höhe von 27 Millionen Euro. Nach einer Studie des Bundes der Steuerzahler zählt Köln zu jenen fünf Großstädten, die alleine 53 Prozent des bundesweiten Gewerbesteuer-Rückgangs zu tragen haben. Und auch der Gemeindeanteil an der Einkommenssteuer sank im letzten Jahr um 9,5 auf 355 Millionen Euro.
Das Land bürdet der Stadt seit 2001 neue Kosten auf: Im Bereich stationäre und ambulante Pflege addieren sie sich bis 2004 auf 55 Millionen Euro. Zusätzlich wird Düsseldorf in diesem Jahr die Hand aufhalten. Köln muss rund 38 Millionen Euro an das Land zurückzahlen - jenen Teil der Zuweisungen, die die Stadt 2001 zu viel erhalten hatte, basierend auf einer zu optimistischen Steuerschätzung. Gleichzeitig stiegen in den letzten Jahren mit der Zahl der SozialhilfeempfängerInnen die Kosten für die »Hilfe zum Lebensunterhalt«.
Doch nicht alle kölschen Probleme sind der schwachen Konjunktur sowie der Bundes- und Landespolitik anzulasten. Man denke nur an die völlig überdimensionierte Müllverbrennungsanlage. Oder daran, dass nicht jede Stadt derart üppig den Stadionneubau ihres Profifußballvereins bezuschusst. Auch 2,5 Milliarden Euro Schulden sammeln sich nicht binnen weniger magerer Jahre an. Diese Altlasten drücken schwer: Im letzten Jahr berappte die Stadt rund 200 Millionen Euro für den Schuldendienst - drei Viertel davon für Zinsen, nur ein Viertel für die Tilgungsraten.
Gehen wir ans Eingemachte, sagte sich Schwarz-Rot vor der letzten Kommunalwahl. Gehen wir ans Eingemachte, sagten auch deren Gewinnerinnen CDU und FDP nebst grünem Partner. Und so wurden 1999 36 Millionen Euro städtisches Vermögen verzehrt, in den Jahren darauf 60 respektive 76 Millionen. Im letzten Jahr sollte diese Strategie fortgesetzt werden, in ganz großem Stil. Der Verkauf der städtischen Wohnungsbauunternehmen GAG und Grubo sollte der Stadtkasse einen warmen Regen von 420 Millionen Euro bescheren. Der Verkauf scheiterte bekanntlich im Stadtrat, die schwarz-gelbe Koalition zerbrach in der Folge.
Die Stadtwerke, zu denen KVB, GEW RheinEnergie und die Abfallwirtschaftsbetriebe zählen, sowie GAG und Grubo sollen künftig höhere Gewinne erzielen - und an die Stadt abführen. Und so wird sich wohl künftig der Service verschlechtern, während Abgaben, Gebühren und Mieten steigen. Auch die städtischen RWE-Aktien stehen zum Verkauf. Insgesamt will die Stadt kurzfristig über 180 Millionen Euro Vermögen verzehren. Viel bleibt dann nicht mehr übrig: »Man müsste 2004 tatsächlich an die Stadtwerke ran, die aber das finanzwirtschaftliche Rückgrat dieser Stadt bilden«, analysierte der grüne Fraktionsvize Jörg Frank schon während der Haushaltsdebatte 2002.
Private Unternehmen werden allerdings nicht stärker in die Pflicht genommen. Den Gewerbesteuer-Hebesatz, seit 16 Jahren konstant, wollen CDU und Grüne nicht erhöhen. »Das«, so Jörg Frank, »stand nicht zur Debatte«. Und so wird die Gewerbesteuer dem Stadtkämmerer Peter-Michael Soénius (CDU) wohl auch in diesem Jahr Sorgen bereiten. Eigentlich, so seine Hoffnung, sollte sie in diesem Jahr um 26 Millionen Euro ansteigen. Doch diese Erwartung hatte Soénius bereits Ende letzten Jahres »auf Grund der katastrophalen Prognosedaten der Steuerschätzung im November nach unten korrigieren« müssen.