Die Bundesvorsitzende des Rings Christlich-Demokratischer Studenten (RCDS), Barbara von Wnuk-Lipinski, forderte Anfang November die Abschaffung der Verfassten StudentInnenschaft. Den Anlass bildeten mehrere Meldungen über angebliche und tatsächliche finanzielle Unregelmäßigkeiten verschiedener StudentInnenvertretungen. Vor allem ein Zuschuss des Braunschweiger AStA für ein Wochenendseminar der »AG Frau und Gesundheit« ließ sich medienwirksam als Musterbeispiel für die Verschwendung der StudentInnenbeiträge inszenieren. Hier »durften Frauen ihren eigenen Körper entdecken und auf den so genannten Freudenstrahl hoffen - in einem Seminar und auf Kosten des AStA«, erboste sich Wnuk-Lipinski. Auch ein Massage-Kurs des Bonner AStA-Schwulenreferats geriet in die Kritik.
»Wenn man nicht drinsitzt im AStA, ist das schwierig«, schätzt die RCDS-Vorsitzende die Möglichkeiten der parlamentarischen Kontrolle über die Verwendung der studentischen Gelder ein. Dagegen wandten sich Vertreter von vier nordrhein-westfälischen ASten in einem offenen Brief: Die Kontrolle der Finanzen gestalte sich natürlich schwierig, »wenn man entweder keine Ahnung davon oder keine Motivation zu konstruktiver Mitarbeit« habe: Einsichtnahme in die Finanzunterlagen - auch durch Mitglieder der Opposition - sei jederzeit möglich, ebenso müssten die Haushaltspläne nach einer formalen Prüfung von der Hochschulen genehmigt werden. Die »Finanzpraxis einzelner schwarzer Schafe« dürfe nicht auf das gesamte System der studentischen Demokratie übertragen werden.
Hintergrund der Forderung nach Ersetzung des StudentInnenparlaments durch eine »Studienkonferenz« ist ein seit über dreißig Jahren andauernder Streit zwischen rechten und linken Hochschulgruppen: »Es geht uns auch um das allgemeinpolitische Mandat«, so Wnuk-Lipinski im Interview mit der taz - also um die Frage ob sich ein AStA zu gesellschaftspolitischen Themen äußern dürfe. In der Vergangenheit hatten sich VertreterInnen des RCDS oft darüber beschwert, dass die ASten als Organe der StudentInnenschaft in deren Namen Meinungen äußerten, die über die engeren Belange der Hochschulen hinausgingen, und Klage eingereicht. Bereits 1968 - als sich die Mehrheitsverhältnisse nach links verschoben - verurteilte das Sigmaringer Landgericht die Tübinger StudentInnenvertretung aufgrund ihrer Solidaritätserklärung für die Berliner StudentInnen nach dem Tod Benno Ohnesorgs mit der Begründung, dass »nicht jeder Tod eines Studenten hochschulbezogen« sei.