Eine böse, aber nicht unerwartete Überraschung erlebten in den Semesterferien zahlreiche StudentInnen in Nordrhein-Westfalen. Sie erhielten von ihren Universitäten Gebührenbescheide in Höhe von 650 Euro. Betroffen sind StudentInnen, welche die anderthalbfache Regelstudienzeit überschritten oder das sechzigste Lebensjahr vollendet haben. StudentInnen mit bereits einem Abschluss werden gleichfalls zur Kasse gebeten. Auswirkungen hat die Gebühreneinführung allerdings für alle Immatrikulierten, da durch die geringeren StudentInnenzahlen wahrscheinlich verschiedene Beiträge erhöht werden.
5300 StudentInnen und damit fast zehn Prozent aller an der Universität Köln eingeschriebenen Menschen hätten sich bis Ende März aufgrund der Gebührenerhebung exmatrikuliert, teilte die Universitätsverwaltung der philtrat mit. Insgesamt waren wegen nicht fristgerechtem Eingang der Beiträge für das Sommersemester 17500 StudentInnen angemahnt worden. Die Zahl der studienbedingten Exmatrikulationen wird sich nach Einschätzung der Universitätsverwaltung auf bis zu 8000 erhöhen, da noch nicht alle Mahnverfahren abgeschlossen sind. Für die einzelnen Fakultäten konnten noch keine Angaben gemacht werden.
Die studentische Vertretung der Universität Köln, der AStA, hätte bei dieser Schätzung 48000 Euro pro Semester weniger zur Verfügung. Der Haushalt der StudentInnenschaft setzt sich aus Teilen der Sozialbeiträge zusammen, die alle StudentInnen jedes Semester überweisen. Momentan gehen von 115,28 Euro sechs Euro an den AStA. Eine Erhöhung dieses Anteils um zirka 50 Cent pro Semester schließt Nico Spengler, der Finanzreferent des AStA, nicht aus. »Eine Anhebung ins Blaue hinein wird es aber nicht geben.« Er will zunächst die endgültigen Zahlen abwarten, die er für Juni oder Juli erwartet. Auf dieser Grundlage werde dann eine Entscheidung getroffen.
Ähnlich argumentiert das Kölner Studentenwerk, das wie der AStA von allen StudentInnen über den Sozialbeitrag mitfinanziert wird. Im letzten Wintersemester belief sich dieser Betrag auf 36,88 Euro. Die hausinterne Schätzung geht kölnweit von 12000 StudentInnen weniger aus, was einer Mindereinnahme von knapp 900000 Euro pro Semester gleichkäme. Der Sozialbeitrag könnte daher, so die Pressestelle, um weitere 6,50 Euro ansteigen.
Keine studiengebührenbedingte Anhebung der Semesterticketpreise planen hingegen die Kölner Verkehrsbetriebe (KVB). Die finanziellen Vereinbarungen für das studentische Ticket werden zwischen der KVB und den Kölner StudentInnenschaften für jeweils fünf Jahre getroffen. Die nächste Verhandlungsrunde steht für den Zeitraum ab dem Wintersemester 2005/2006 an - falls sich die StudentInnen an den Kölner Hochschulen in Urabstimmungen für die Weiterführung des Semestertickets entscheiden. An der Universität war dies bislang mit jeweils über neunzig Prozent der abgegebenen Stimmen der Fall.
»Bei der von uns für das Wintersemester 2005/2006 geplanten Erhöhung des Preises von 68 auf 70 Euro pro Semester handelt es sich um einen regulären Anstieg, der nicht mit der Einführung von Studiengebühren zusammenhängt«, so die Auskunft der KVB. Vielmehr profitiere das Unternehmen von der geringeren Zahl an StudentInnen: »Die ehemaligen Studenten werden sich reguläre Tickets kaufen müssen. Für uns könnte dies eigentlich dann Mehreinnahmen bedeuten.«
Unterdessen haben unter Federführung des Aktionsbündnisses gegen Studiengebühren (ABS) studentische Vertretungen in ganz NRW Klagen gegen die Studiengebührenerhebung eingereicht. Es handelt sich bisher um 28 Verfahren vor sieben nordrhein-westfälischen Verwaltungsgerichten. Angefochten werden unter anderem die Zweitstudiums- und die Langzeitgebühren, aber auch die mangelnde Berücksichtigung der Kindererziehung und der Gremienarbeit. Für die Osterzeit ist nach Einschätzung von Klemens Himpele, dem Geschäftsführer des ABS, mit einer ersten Eilentscheidung des Kölner Landgerichtes zu rechnen. Im Juni oder Juli könnte dann die Hauptentscheidung folgen.