Das geplatzte Cross-Border-Leasing (CBL) in Sankt Augustin hat ein Nachspiel. Wie jetzt bekannt wurde, bekam Bürgermeister Klaus Schumacher (CDU) dieser Tage eine Rechnung über nicht weniger als 143311 US-Dollar von dem Anwaltsbüro Ernst & Young LLP, das das Unternehmen Global Capital Finance (GCF) beraten hatte. Letzteres sollte das Leasing-Geschäft mit Kläranlage und Kanalnetz von Sankt Augustin arrangieren. Die Stadt leitete die Rechnung umgehend an Global Capital Finance weiter, doch die Firma schickte die Rechnung zurück. Die Stadt sei Ende Februar einseitig aus dem Cross-Border-Geschäft ausgestiegen und müsse daher die Kosten tragen.
Bürgermeister Schumacher bestreitet das vehement. Das CBL sei wegen des US-Investors nicht zustande gekommen, deshalb »haben wir laut Vertrag die Kosten nicht zu tragen«. Zudem habe die Stadt Ernst & Young LLP nie ein Mandat erteilt. Wie die ArrangeurInnen zu ihrer Rechtsauffassung kommen, kann sich Schumacher nicht erklären. Gleichwohl sei es »verständlich«, dass GCF den Versuch starte, die Kosten auf die Stadt abzuwälzen. »Es wäre naiv anzunehmen, dass unsere Berater, die die vollen Kosten tragen, das so hinnehmen.« Und er gibt zu: »Wir hatten damit gerechnet, dass das passiert.«
Die Rechnung bezahlen will Schumacher aber auf keinen Fall. »Wir warten ab, ob Forderungen mit welcher Begründung bei uns eingehen. Darauf werden wir dann reagieren.« Auch der Ratsbeschluss, mit dem Sankt Augustin das CBL-Geschäft beendet hat, müsse nicht geändert werden, wie von GCF gefordert. Ob der Stadt durch einen möglichen Rechtsstreit neue Kosten entstünden, kann Schumacher noch nicht sagen. Beunruhigt ist er jedoch nicht: »Wir sind rechtlich auf der sicheren Seite.«
Die CBL-KritikerInnen sehen ihre Befürchtungen hingegen bestätigt. »CDU und Bürgermeister werden die Geister, die sie riefen, nicht mehr los«, kommentierte Martin Metz, Vorsitzender der Grünen in Sankt Augustin. »Die Rechtsauffassung der Stadtverwaltung dürfte die Stadt sehr, sehr teuer kommen«, fürchtet Carmen Schmidt, Sprecherin der BürgerInneninitiative Nein zu Cross-Border-Leasing. Aus der Mandatsvereinbarung mit dem CBL-Vermittler Global Capital Finance gehe hervor, dass juristisch gesehen die Stadt Sankt Augustin die Anwaltskanzlei Ernst & Young LLP beauftragt hat. Global Capital Finance sei dagegen »lediglich beratend und unterstützend tätig« gewesen.
»Fragwürdig« findet Schmidt auch die Argumentation der Stadtverwaltung, dass Sankt Augustin Ende Februar, ohne weitere Kosten tragen zu müssen, aus dem Vertrag aussteigen konnte, weil Global Capital Finance bis zum vereinbarten Termin keine InvestorInnen präsentieren konnte. Ein Abbruch der Transaktion wäre laut Vertrag für die Stadt nur dann kostenfrei gewesen, wenn das Cross-Border-Leasing wegen Änderungen im US-Steuerrecht geplatzt wäre, so Schmidt. Solche Änderungen gebe es aber noch nicht, der Investor habe lediglich eine Fristverlängerung für die Vertragsunterzeichnung verlangt. Deshalb würde GCF auch keine Kosten übernehmen wollen, fürchtet Schmidt.
Die BürgerInneninitiative bezweifelt auch die Rechnung der Stadt, nach der das misslungene CBL-Geschäft lediglich 50000 Euro für die ArrangeurInnen gekostet haben soll. Die Rechnung sei unvollständig. Hinzu kämen Kosten von 9000 Euro für das Rechtsgutachten, das die Stadt zu einem BürgerInnenbegehren gegen CBL in Auftrag gegeben hatte. Eine Dienstreise von Kämmerer und Stadtsprecher nach New York schlage mit geschätzten Kosten von 2500 Euro zu Buche. Schließlich müssten die Personalkosten der Verwaltung für die Beschäftigung mit dem CBL-Geschäft, diverse außerordentliche Ratssitzungen und eine BürgerInneninformationsveranstaltung mit ExpertInnenbeteiligung berücksichtigt werden. Die Kosten dafür beliefen sich - »vorsichtig geschätzt« - auf 150000 bis 200000 Euro.
Dirk Eckert arbeitet als Redakteur bei der Kölner Lokalausgabe der taz, der taz köln.