Fremdsprachenwüste

Viele Fächer fordern eine zweite Fremdsprache außer Englisch. Die begrenzte Auswahl benachteiligt vor allem ausländische StudentInnen. Von Beate Schulz

Ausreichende Kenntnisse einer weiteren modernen Fremdsprache neben Englisch gehören in vielen Fächern an der Philosophischen Fakultät zu den Voraussetzungen, die man zur Zwischenprüfung nachweisen muss. Wie zahlreiche StudentInnen auch in diesem Semester bei der Anmeldung feststellen mussten, beschränkt sich am Historischen Seminar die Liste der möglichen anderen Sprachen allerdings auf Französisch, Spanisch, Italienisch oder - je nach Fach - Portugiesisch oder Russisch. Wer sich auf seine Niederländischkenntnisse verlassen hatte oder gar mit etwas so Abwegigem wie Finnisch oder Bulgarisch aufwarten wollte, darf sich in den nächsten Semestern mit zusätzlichen Sprachkursen vergnügen.

Eine derartig kleine Auswahl zugelassener Fremdsprachen erscheint im Vergleich mit der vielbeschworenen Öffnung nach Europa absurd. Für zahlreiche ausländische StudentInnen oder MigrantInnenkinder an der Universität stellt sie eine zusätzliche Belastung im Rahmen der ohnehin schwierigen Studienbedingungen dar. So wurden zum Beispiel einem griechischen Studenten seine Neugriechischkenntnisse nicht angerechnet. Er überlegt nun, die Anerkennung seiner Muttersprache einzuklagen. Eine andere Studentin hatte Glück, dass Professor Norbert Finzsch von der Abteilung für Anglo-Amerikanische Geschichte ihr eine Bescheinigung ausstellte, laut der Schwedisch den Sprachanforderungen genügt.

Den Umgang mit Fremdsprachen an der Philosophischen Fakultät und speziell am Historischen Seminar hält Finzsch für unsinnig. Das Argument, die Liste umfasse die wesentlichen Arbeitssprachen an der Universität Köln, findet er lachhaft. »Wenn jemand über bulgarische ImmigrantInnen in Amerika arbeitet, wäre Bulgarisch eine notwendige Arbeitssprache, denn das haben die ImmigrantInnen schließlich gesprochen. Die wissenschaftliche Fragestellung sollte die Grundlage für Sprachanforderungen sein und nicht der Bestand der Bibliotheken«.

Zudem unterstreicht Finzsch die Benachteiligung ausländischer StudentInnen durch diese Regelung. »Ausländische Studierende müssen auch noch Deutsch als Fremdsprache dazulernen. Das sollte man doch einfach anrechnen.« Die Behauptung, eine Anerkennung der Sprachkenntnisse von MuttersprachlerInnen sei schwierig, weist Finzsch zurück und führt Anerkennungsverfahren im Ausland an. So würden in England formlose Bescheinigungen von ProfessorInnen als Nachweis ausreichen. Markus Struben von der Fachschaft Geschichte hält die Sprachpolitik von Institut und Fakultät für überholt und diskriminierend: »Mit seinen Vorgaben hinkt das Historische Seminar mal wieder der Zeit hinterher. Aber nicht nur das: Ausländischen StudentInnen werden unnötig Steine in den Weg gelegt.«

Auch bei Abschlussarbeiten und Dissertationen berufen sich Fachbereiche und Fakultät immer wieder auf Deutsch als Wissenschaftssprache, unter anderem mit der Begründung, dass es allen ProfessorInnen möglich sein müsse, die Arbeiten einsehen und lesen zu können. »Da wäre interessant zu wissen, wie viele das auch tatsächlich machen«, meint Finzsch. Seiner Ansicht nach reicht es völlig, wenn die GutachterInnen und KorrektorInnen die Arbeitssprache der jeweiligen Texte ausreichend beherrschen.

In anderen Fachbereichen ist man da weltoffener. Die Anglistik zum Beispiel erkennt momentan alle europäischen Fremdsprachen an und bemüht sich, auch außereuropäische Sprachen aufzunehmen. Eine Öffnung von Fakultät und Historischem Seminar für andere Sprachen wäre also dringend erforderlich.