»Machen's wie's wollen na, net so!« Die Zeiten, in denen Christiane Herzog beim Fernsehkochen für RentnerInnen ihre Gäste derart maßregeln durfte, sind vorbei. Und auch die Art, wie Alfred Biolek in seiner Kochsendung Alfredissimo stets sein eigenes Essen ein wenig mehr goutiert als das seiner Gäste, ist mega-out. Denn die neue Kochsendung ist »jung und frech«, die Köche sind »charismatisch«. Und während bei Biolek alles noch »rrrrraffiniert« ist, schmeckt´s bei Zacherl und Co. gleich »geil« oder »cool«.
Und natürlich passt zu einer hippen Kochsendung auch nicht die weiße Standardkluft, die uns in althergebrachten Kochsendungen à la Johann Lafer oder Vincent Klink vorgeführt wird. In der Pro-Sieben-Sendung Zacherl: Einfach Kochen! und in Tim Mälzers Schmeckt nicht, gibt´s nicht auf Vox wurschteln sich die jugendlichen Küchenchefs in trendigen Teenie-Klamotten in Windeseile ihr Essen zusammen - ständig begleitet von bunten Grafiken und oberlehrerInnenhaften Einblendungen am unteren Bildrand, die erklären, dass beispielsweise Chicoree auch Brüsseler Endivien genannt werden.
Das Essen der beiden deutschen In-Köche kommt aber vergleichsweise bieder daher, wenn sie sich häufig bei Großmutters Eintopfrezepten bedienen oder absolut traditionelle Gerichte wie Coq au Vin auftischen. Verbal wird jedoch gleichzeitig das Klischee zementiert, dass die simple Hausmannskost Sache der Muttis hinterm Herd ist, das Gourmet-Kochen aber fest in Männerhand bleibt. In dieses Bild passt auch Tim Mälzers scheinbar namenlose Deko-Tante hervorragend, die mit Kopfhörer und Notizbrett bewaffnet durch das Studio schleicht, blöde Fragen stellen und den Tisch decken darf. Wenn sie Glück hat und nicht die selbstverständlich nur aus Männern bestehende Skat-Bruderschaft zum Essen kommt, ist es ihr immerhin gestattet, mit am Tisch zu sitzen.
Wen allerdings Bioleks Exklusiv-Getue um kaltgepresstes Olivenöl, um deutschen Riesling für Jedermann zum Preis von zwanzig Euro und um die bösen, bösen Nicht-RezeptkocherInnen, bei denen ohnehin nichts gelingt, nervt, der ist bei den neuen Fernsehköchen gerade richtig aufgehoben. Hier dürfen Ramona und Jürgen Drews beim Kochen ohne anschließendes Händewaschen ihren Dackel streicheln. Zudem können sich bei Zacherl, der übrigens vom Pro-Sieben-Publikum in den Club der einhundert nervigsten Deutschen gevotet wurde, die ZuschauerInnen die Rezepte im Internet gegen Gebühr runterladen oder sich die Zutaten für die nächste Sendung aufs Handy »holen«.
Am besten bleibt man jedoch beim großen Vorbild der frechen Zacherl & Co: Bei Jamie Oliver aus London, der bei RTL II als The Naked Chef zu Tisch bittet. Zwar trägt auch er Schlabberklamotten und wirkt - teilweise in noch größerem Maß als seine deutschen Nachahmer - vollkommen überdreht. Aber immerhin muss er sich nicht künstlich anstrengen, um überhaupt hip zu erscheinen. Und das Wichtigste: Seine Rezepte decken eine weitaus größere Bandbreite ab. Wer wirklich von Eintöpfen und Coq au Vin zu frecher Cross-Over-Küche gelangen will, sollte sich Jamie Oliver »reinziehen«.
Zacherl läuft auf Pro Sieben von Montag bis Freitag um 10.55 Uhr, Tim Mälzer an den gleichen Tagen auf Vox um 18.45 Uhr. Jamie Oliver serviert seine Gerichte jeden Samstag um 10.40 Uhr auf RTL II. Alfred Biolek begrüßt seine Gäste freitags um 16.30 Uhr in der ARD.