FAQ: Wolfgang Pohrt beantwortet Fragen

Von Patrick Hagen

Das Berliner Bündnis gegen Antisemitismus und Antizionismus hatte sich die Veranstaltung wohl anders vorgestellt. Nach Jahren der publizistischen Abstinenz konnte es Wolfgang Pohrt für eine Podiumsdiskussion gewinnen. Pohrt war als Kritiker von Antisemitismus und Antiamerikanismus in der Linken bekannt geworden. Doch anstatt sich als Vordenker der pro-israelischen Antideutschen bejubeln zu lassen, löste er Empörung aus: Pohrt ein Antisemit, ein Rassist war kurz darauf in Internetforen und Zeitschriften zu lesen.

Der inkriminierte Vortrag bildet nun die Grundlage für Pohrts erste Buchveröffentlichung seit vier Jahren: FAQ. In dem schmalen Bändchen sind neben dem Vortragstext noch zwei unveröffentlichte und einige bereits erschienene Artikel versammelt, sowie ein Beitrag, in dem er auf die Aufregung nach dem Vortrag reagiert.

Mit seinen Polemiken gegen Friedensbewegung und linken Antisemitismus hatte Pohrt sich in den Achtziger- und Neunzigerjahren den Hass vieler Linker zugezogen. 1991 sorgte er nahezu im Alleingang für einige hundert Abo-Kündigungen bei der Zeitschrift Konkret, als er hoffte, Israel möge einen irakischen Chemiewaffenangriff "gegebenenfalls hoffentlich mit Kernwaffen zu verhindern wissen". Die Solidarität mit der PLO bezeichnete er als Parteinahme für einen "großen militanten Heimatvertriebenenverband".

Manche seiner alten Artikel ärgern ihn nun. "Vor allem, wenn sie geholfen haben, dieses komische Antideutschtum mit Argumenten zu versorgen." Dass er die Wiedervereinigung in den Kategorien von 1933 interpretiert habe, sei ein Irrtum gewesen. "Heute ist daraus Ideologie geworden, Gesinnung, Weltanschauung." Lustvoll macht er sich über antideutsche Gewissheiten her. Die Parole seiner GastgeberInnen, "Deutschland verraten!", findet er "fast rührend". Der Kosovo-Krieg sei kein deutscher Krieg gewesen, im Gegenteil, der deutsche Beitrag war "lächerlich". Außerdem könne er in Deutschland beim besten Willen nichts "hervorstechend Fremdenfeindliches oder Antisemitisches" erkennen. Überhaupt Deutschland: Für Pohrt ein eher trauriges Gebilde, das durch "Überalterung und Verblödung" gekennzeichnet sei. Die Antideutschen wollten sich bloß einbilden, "Angehörige eines besonders mächtigen und gefährlichen Volkes" zu sein. In Wirklichkeit fürchte sich keiner vor Deutschland.

Stattdessen hat Pohrt die soziale Frage wieder entdeckt. RassistInnen und AntisemitInnen gibt es nicht mehr, sie dienen nur zur Ablenkung. "Sie werden gebraucht, damit Schröder die von ihm geführten Raubzüge der Elite als ›Aufstand der Anständigen‹ zelebrieren kann." Bei seiner Polemik gegen antirassistische Gutmenschen gerät Pohrt dann tatsächlich in den Grenzbereich rassistischer Zuschreibungen. "Menschen brauchen soziale Kontrolle, und für die Ausländer in Deutschland gibt es davon derzeit zu wenig." Er bestreitet, dass AusländerInnen in Deutschland von rassistischer Gewalt bedroht sind und verweist auf Spielplätze, auf denen türkische Jugendliche Eintrittsgeld von deutschen Kindern verlangen würden.

Pohrts Kritik am antideutschen Antirassismus zeigt, dass er von der Entwicklung der letzten Jahre nicht viel mitbekommen haben kann. Nach 1989 entstand die antideutsche Strömung auch als Reaktion auf die Pogrome in Ostdeutschland. Inzwischen sieht man dort aber nicht die Fremdenfeindlichkeit sondern die angebliche Fremdenfreundlichkeit der Deutschen als Problem. Eine antideutsche Linke, die auch schon Jean-Marie Le Pen für sich entdeckt hat, wird sich von Pohrts Polemik kaum angesprochen fühlen.

Wolfgang Pohrt: FAQ, Tiamat-Verlag, Berlin 2004, 14 Euro.