»Gott schütze Präsident Bush« und »Gott schütze Amerika« sind nicht gerade die Sätze, die man bei der Aufnahme einer Band in die »Rock and Roll Hall of Fame« erwartet. Schon gar nicht von einer Punk-Legende. Aber Johnny Ramone, Gitarrist und Gründungsmitglied der Ramones, hatte schon immer Spaß daran, die KritikerInnen zu verwirren und die Erwartungen an den Gitarristen einer Punk-Band zu zerstören. Der überzeugte Republikaner trug T-Shirts mit dem Aufdruck »Kill a Commie for Mommy«, war Mitglied in der Waffenlobby-Organisation NRA und zählte bekannte Konservative wie Charlton Heston und Vincent Gallo zu seinen Freunden. Ronald Reagan war für ihn »der beste Präsident, den ich erlebt habe«.
Nicht nur seine politischen Überzeugungen machten Johnny, der mit bürgerlichem Namen John Cummings hieß, zum umstrittensten Mitglied der Ramones. Er war der eigentliche Kopf der Band und übte diese Rolle so aus, dass sie ihm einen Ruf als »Diktator« und »Drill-Sergeant« einbrachte. Streng kontrollierte er das Image der Band. Er sorgte dafür, dass die Gruppe ihre einheitliche »Uniform« aus zerrissenen Jeans, schwarzen Lederjacken und unförmigen Langhaar-Frisuren, die sie den New Yorker Strichjungen abgeschaut hatte, bis zum Ende beibehielt. So verbot er beispielsweise Bassist Dee Dee, sich die Haare blond zu färben, weil das nicht zum Ramones-Look gepasst hätte.
Er organisierte allerdings auch die meisten Auftritte der Band, sorgte dafür, dass sie rechtzeitig auf der Bühne stand, und kümmerte sich um die Finanzen. Und ohne diese Professionalität von ihm, der die Band nüchtern als seinen Job betrachtete, hätten die Ramones es wohl kaum geschafft, innerhalb von 22 Jahren weit über 2000 Konzerte zu geben.
Als die Ramones Anfang der Siebzigerjahre Konzeptalben, Rockopern und minutenlangen Gitarrensoli den Kampf ansagten, war es vor allem Johnnys Gitarrenspiel, das deutlich machte, dass hier etwas Neues entstand: schnörkellos, aggressiv und vor allem schnell. Auf die kurze Dauer der Ramones-Lieder angesprochen, antwortete Johnny einmal, die Lieder seien nicht kurz, sondern eben nur verdammt schnell gespielt. Die Ramones zeigten, dass man nicht jahrelang ein Instrument lernen muss, um in einer Band zu spielen, und wurden so vor allem in England zu Leitfiguren der beginnenden Punk-Bewegung. Ihren ersten Auftritt in London im Juli 1976 beschreibt Punk-Historiker Jon Savage als Initialzündung. Nach diesem Konzert ermutigte Johnny die begeisterten Mitglieder von The Clash, mit dem Proben aufzuhören und endlich Konzerte zu geben.
Auch über das Ende der Band nach 22 Jahren bestimmte Johnny selbstherrlich. 1996 lösten sich die Ramones auf, obwohl Teile der Band gerne weitergemacht hätten. Auf der Bühne alt zu werden hätte seinem Verständnis von Punkrock widersprochen.
Am 15. September diesen Jahres ist Johnny Ramone im Alter von nur 55 Jahren an Prostatakrebs gestorben, nachdem es lange so ausgesehen hatte, als sei er tatsächlich Too Tough to Die, so der Titel des Albums von 1985 in Anspielung auf seine gut überstandene Gehirnoperation. Als 1999 bei ihm Krebs diagnostiziert wurde, gingen die Ärzte zunächst von guten Heilungschancen aus. Von der ursprünglichen Besetzung der Ramones ist jetzt nur noch Drummer Tommy am Leben. Bereits 2001 starb Sänger Joey an Lymphkrebs; im Jahr darauf setzte sich Bassist Dee Dee eine Überdosis.