Ouvertüre

Von

Wenn gestandene RedakteurInnen wie von der Tarantel gestochen durchs Großraumbüro rennen, wenn der Kaffee über die Tastatur gekleckert wird und der Griffel in der Hand zittert, wenn sich der Chef vom Dienst immer wieder nervös durchs ohnehin nur noch spärlich vorhandene Haupthaar fährt, und die Freien MitarbeiterInnen vor Aufregung die Zigarette am falschen Ende anzünden, dann ist es wieder soweit: bald ist Neulingsbegrüßung unseres Blatts!

Unsichere Blicke werfen wir in Richtung des großen Neulingsbegrüßungskalenders: noch zehn Tage, noch neun - bis ein Häuflein RedakteurInnen wieder versuchen wird, Nachwuchs anzuwerben. Dabei lassen wir uns nicht lumpen: Während eines lustigen Kennenlernabends samt einer Huldigung an die schöne Schreibkunst wird das philtrat-Kollektiv versuchen, die neuen für sich einzunehmen. Das Programm mit der Redaktion in allen Rollen: Eine pathetische Begrüßungsrede (hoher Stil) mit Dostojevski-Zitat, danach munteres Jonglieren und Feuerspucken zu isländischem Elektrofunk, anschließend Rezitieren der gesammelten Ouvertüren im Chor in einer Vertonung für Didgeridoo und Blockflöte. Hinterher das Monodrama »Als ich eines Morgens aus unruhigen Träumen erwachte und in meiner eigenen Schlachthof-Reportage gefangen war«. Damit uns bei diesem Spektakel auch die Türen eingerannt werden, möchten wir an dieser Stelle einen Appell an unsere prospektiven RedakteurInnen richten:

Neuling, der du diese Zeilen liest - ja, genau du, der du dich gerade mal wieder fragst, warum es in unserem lieblichen Betonbunker eigentlich immer so verdammt heiß ist, und ob die Rolltreppe je funktionieren wird - jemanden wie dich wollen wir! Wir brauchen deine Rezensionen, Reportagen und Kommentare! Was du dafür bekommst? Uns! Die gesammelte Erfahrung aus 6,022 x 1023 Semestern voll des investigativen Enthüllungsjournalismus. Wenn du denkst »So ein Gebrabbel wie da oben kann ich auch fabrizieren«, dann komm vorbei und schreibe. Und denk dran, du bist

die Redaktion