Geht es um moderne Kunst, kann sich Wuppertal mit dem Von der Heydt-Museum schmücken. Seine Sammlung umfasst Werke von Vincent van Gogh und Pablo Picasso, Sonderausstellungen des Museums machen regelmäßig Schlagzeilen. Nur mit der eigenen Geschichte und vor allem der braunen Vergangenheit von Kunstmäzen Eduard von der Heydt, zusammen mit seinem Vater August Karl Namensgeber des Museums, tut man sich schwer.
Am 18. Oktober standen in Wuppertal zum zweiten Mal drei Personen vor Gericht, die im Jahr 2002 die Feier zum einhundertsten Geburtstag des Museums gestört hatten, um auf die Nazivergangenheit von der Heydts aufmerksam zu machen. Die drei AntifaschistInnen kritisieren, von der Heydt, Spross einer Wuppertaler Bankiersfamilie, sei im Zweiten Weltkrieg in der Schweiz »eine zentrale Figur der Devisenbeschaffung für Nazideutschland und für Verwertung aus ganz Europa« gewesen. »Wenn das nicht selbstverständlicher Teil der Auseinandersetzung ist, muss man eben mit Flugblättern und Zwischenrufen agieren«, rechtfertigt Stephan Stracke, einer der Angeklagten, die Protestaktion.
Das Museum war bereits 2004 in die Schlagzeilen geraten, als bekannt wurde, dass die Wuppertaler Kunstsammlung im Besitz dreier Bilder war, die ihren jüdischen BesitzerInnen nach 1933 von den Nazis abgepresst worden waren. Das Museum weigerte sich, die Bilder an die ErbInnen der früheren EigentümerInnen zurückzugeben.
Die Begründung war bemerkenswert: Rechtsansprüche bestünden nicht, argumentierte der Vorsitzende des Museumsvereins, Eberhard Robke, gegenüber der Westdeutschen Zeitung und »auch eine moralische Verpflichtung vermögen wir fast sechzig Jahre nach Beseitigung des Nazi-Unrechtsregimes angesichts der vielen Millionen Mark, die unser Staat an finanzieller Wiedergutmachung geleistet hat, nicht erkennen«. Unisono griffen Robke und Museumsdirektorin Sabine Fehlemann tief in die Kiste antisemitischer Klischees: Es gehe den ErbInnen ja doch nur ums Geld. »Wir wissen, dass die Werke nach einer möglichen Restitution verkauft oder auf Kunstmärkten versteigert werden sollen«, sagte Robke.
Nach der Weigerung des Museums, die geraubte Kunst zurückzugeben, begann ein »unwürdiges Hinhalteverfahren« (Frankfurter Allgemeine Zeitung), in dem auch die Eigentumsverhältnisse noch einmal geprüft wurden. Schließlich beschloss der Wuppertaler Rat im Frühjahr 2005 endgültig die Rückgabe der Bilder.
Beim Von der Heydt-Museum hat man bislang keine Konsequenzen aus der Affäre gezogen. Bis heute findet sich etwa auf der Internetseite kein Hinweis auf die geraubten Bilder. Dafür wird um so detaillierter in der Chronik aufgelistet, wie viele Bilder das Museum bei der Nazi-Aktion »Entartete Kunst« sowie nach 1945 durch Beschlagnahme der Alliierten verloren hat. Über den generösen Stifter von der Heydt heißt es knapp: »Er war einer der ersten, der mit einem untrüglichen Spürsinn für Qualität den Gedanken einer Weltkunst' zur Basis seines Sammelns machte.«
Wie von der Heydt sein Vermögen machte, davon erfahren die LeserInnen nichts. Genausowenig erfahren sie, dass er, der 1926 Mitglied des »Stahlhelm« und 1933 der NDSAP geworden war, als Vorsitzender des Fördervereins der Nationalgalerie nicht die »Weltkunst«, sondern die Nazi-Kunst gefördert hatte. Auch antisemitische Äußerungen sind belegt, etwa seine Warnung vor der »Verjudung der deutschen Finanz und Öffentlichkeit«.
Seinem Renommee hat das nach dem Krieg in Wuppertal keinen Abbruch getan. 1952 wurde von der Heydt Ehrenbürger der Stadt. Ohne sein Mäzenatentum hätte »unser Von der Heydt-Museum heute nicht den Rang ( ), den es zu Recht für sich behaupten und beanspruchen kann«, lobte 1997 der damalige Oberbürgermeister Hans Kremendahl (SPD).
Wuppertaler AntifaschistInnen fordern die Umbenennung des Museums in Jankel-Adler-Museum. Der Wuppertaler Maler floh 1933 vor den Nazis und wollte nie mehr nach Deutschland zurück.
Dirk Eckert ist Redakteur der taz nrw, in der dieser Artikel am 18. Oktober zuerst erschien.