David gegen Goliath

Irlands neue Helden: Fünf Männer kämpfen gegen eine Gas-Pipeline. Die Unterstützung der Bevölkerung ist ihnen sicher. Von Beate Schulz

Seit dem 30. September sind sie vorläufig wieder auf freiem Fuß, die »Rossport Five«, benannt nach ihrem Heimatdorf im County Mayo in Westirland, wo sie inzwischen als Nationalhelden und moderne Davids gefeiert werden. Der Goliath, mit dem sie sich angelegt haben, ist der Öl-Multi Shell, der in unmittelbarer Nachbarschaft zu mehreren Dörfern eine Pipeline verlegen will, in der unter Hochdruck Gas gefördert werden soll. Aus Angst um die Sicherheit ihrer Familien hatten Michael O'Seighin, Vincent und Philip McGrath, Willie Corduff und Brendan Philbin den Bau der Pipeline Ende Juni sabotiert. Sie verstießen damit gegen einen von Shell erwirkten Gerichtsbeschluss. Obwohl die entsprechende Anordnung inzwischen außer Kraft gesetzt ist, könnten den Männern noch weitere Haftstrafen drohen.

Am 25. Oktober haben über zweitausend Menschen an Protestkundgebungen in Dublin teilgenommen, als die »Rossport Five« erneut vor Gericht standen. Bei diesem Termin hätte entschieden werden sollen, ob die Männer wieder ins Gefängnis müssen. Das Gericht vertagte sich jedoch auf einen neuen Termin Anfang November. Bei der bisherigen Haftstrafe handelte es sich ausschließlich um eine Beugehaft, welche die Männer dazu bringen sollte, dem Gerichtsbeschluss Folge zu leisten. Nun müsse darüber befunden werden, welche Strafe für die tatsächliche Missachtung des besagten Beschlusses zu verhängen sei, so der Vorsitzende des Obersten Gerichtshofs in Dublin, Joseph Finnegan. Für Corduff und die anderen könnte das hohe Geldstrafen oder weitere Haft bedeuten, was sie jedoch nicht von weiteren Protesten abhält. »I don't want to go back to jail, but I will if I have to,” äußerte Corduff gegenüber JournalistInnen.

Am 29. Juni waren die fünf Männer erstmals inhaftiert worden. Insgesamt 94 Tage mussten sie hinter Gitter, weil sie den MitarbeiterInnen von Shell den Zugang auf ihr Land verweigert hatten. Die Pipeline, die Shell von der Küste bis zur geplanten Gasraffinerie in Bellanaboy bauen will, soll streckenweise bis auf siebzig Meter an die Gehöfte der Männer und ihrer Familien heranführen. Laut Shell-Manager Mark Carrigey sei die Pipeline völlig sicher. Dem widerspricht Sprengstoffexperte Marc Aldridge, der einen Mindestabstand von mehreren Meilen zum nächsten bewohnten Gebiet fordert. Sollte es zu einem Unfall kommen, würde das unter Hochdruck geförderte Gas mit einer Sprengkraft explodieren, die der Wirkung von 3500 Tonnen TNT entspräche. Im Umkreis von einer Meile würde das niemand überleben, die Schäden wären noch in einem Radius von 1,6 Meilen irreparabel.

Das Sicherheitsrisiko ließe sich umgehen, wenn Shell das Gas aus den Corrib-Feldern noch auf See raffinieren würde, was der Konzern aber aus Kostengründen ablehnt. Man werde sich nicht dem öffentlichen Druck beugen und weiterhin dem bisherigen Bauplan folgen, ließ das Management verlauten. Die Proteste der AnwohnerInnen gehen somit ebenfalls weiter. Seit der Verhaftung der »Rossport Five« wurden tägliche Mahnwachen, Blockaden und Protestkundgebungen vor der geplanten Raffinerie in Bellanaboy abgehalten. Auch nach der Freilassung von Willie Corduff und seinen Mitstreitern wurden sie fortgesetzt und kosten Shell zirka 70000 Euro pro Tag. Auf Unterschriftenlisten gegen das Bauvorhaben finden sich unter den rund 16000 UnterzeichnerInnen auch Mitglieder des irischen Parlaments wieder.