Mit allerlei Showeinlagen belagert der türkische Sonderbotschafter Ayhan Onur den nüchternen Sitzungssaal im Europäischen Parlament. Vom Dönerverkauf bis zum hüftbetonten Bauchtanz versucht er alles, um die Zustimmung der klüngelnden EU-ParlamentarierInnen für die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen mit der Türkei zu bekommen.
Davon handelt das neue Stück von Erik Gedeon, Europa für Anfänger. Ein Abend mit Türke, das am 22. Oktober im Kölner Schauspielhaus Premiere hatte. Die an sich simple Geschichte wird durch amüsante Tanz- und Gesangseinlagen der Abgeordneten zu Piano und Violine aufgepeppt. So entlarvt Gedeon den parlamentarischen Alltag als eine endlose Aneinanderreihung von roten Teppichen mit Fotolächeln und Shakehands sowie sexuellen Entgleisungen auf, unter oder neben dem Schreibtisch. Als es darum geht, ein Papier über das kulturelle Erbe Europas zu verabschieden, ergehen sich die Abgeordneten in Unsinnsphrasen und eine Italienerin erbricht sich unter lautem Gewürge an einem Kruzifix. Wer nicht zynisch genug ist, wird ab diesem Zeitpunkt wenig Spaß an dem interkulturellen Spektakel haben, denn was der türkische Abgesandte anstellt, um die Europäische Union von der Progressivität seines Landes zu überzeugen, spottet jeder Vorstellung von Political Correctness.
Doch allen Anstrengungen zum Trotz wehren die ParlamentarierInnen den Angriff ab, führen zu Gospelklängen den klassischen Exorzismus durch und rollen den Muslim in seinen Teppich. Als Onur aus Versehen das Sternenbanner anzündet, entfernen die USA, verkörpert durch eine Mischung aus Maggie Thatcher und Madeleine Albright im dunklen Kostüm, den Türken mit einer Panzerfaust. Europa hört derweil ein klassisches Konzert und wendet symbolträchtig den Kopf bei der vermeintlichen Ermordung Onurs ab. So geht die Moral als Kollateralschaden drauf und die USA singen nach getaner Arbeit: »No one knows what it's like to be the bad man behind blue eyes.« Gedeons Zaunpfahl-Symbolik ist zwar schnell dechiffriert, aber reißend komisch.
Eher in der Rolle eines UN-Generalsekretärs denn in der des Regisseurs lässt er dann, um des Happy Ends willen, den Türken wieder auferstehen und ins You'll never walk alone der Nationen einstimmen. Und am Schluss singen alle zusammen mit türkischem Akzent, na was wohl, eine Ode an die Freude.