Am Anfang war ein junger Mann, der einfach nur das Judentum reformieren wollte. Der Eindruck, den er hinterließ, war jedoch so gewaltig, dass eine ganz neue Religion entstand. Dies hatte er nicht zuletzt einem besonders eifrigen Fan zu verdanken, der ein Gespür dafür hatte, wie man diese neue Glaubensrichtung am besten vermarkten konnte. Der Name des Fans: Paulus von Tarsus.
In seinem Buch Jesus wäscht weißer. Wie die Kirche das Marketing erfand untersucht der Medienphilosoph Bruno Ballardini, mit welchen Mitteln sich die Kirche von einer kleinen Sekte zu einem weltweiten Imperium entwickeln konnte. Er behandelt die Kirche als ein Unternehmen mit einer hochkompetenten Marketingabteilung, als eine Institution, die von Anfang an darauf angelegt war, zum Global Player aufzusteigen, und diese Position über Jahrhunderte hinweg dank geschickter Propaganda halten konnte.
Der Kirche gelang es bereits früh, ihr Produkt (den christlichen Glauben) den KundInnen (den Gläubigen) schmackhaft zu machen. MitarbeiterInnen wie oben genannter Paulus wandten hier eine zweistufige Überzeugungsstrategie an: erst appellierte er an das Schuldgefühl der KundInnen, indem er sie der Erbsünde Adams und Evas ermahnte. Danach erinnerte er an das Erlösungsversprechen durch Christi Tod. Dieser Vorfall stellte nun quasi den »Beweis« für die Qualität des Produktes dar, und den KundInnen wurde das Gefühl vermittelt, eine Art Entschädigung leisten zu müssen, indem sie das Produkt erwarben - und zu Gläubigen wurden. Diese Methode, mit Schuldgefühlen den Kaufreiz zu stimulieren, ist nicht erst eine Erfindung moderner Werbeagenturen.
Sodann wurde die Einzigartigkeit des Produktes gepriesen. Nur die eigene Marke halte das, was sie verspricht, und keines der Konkurrenzprodukte könne ihr das Wasser reichen. Um diesen Exklusivitätsanspruch zu verbreiten und somit zu festigen, bedient sich die Kirche auch heute noch eines riesigen Kommunikationsapparates, an dessen Ende etwa eine Milliarde EndverbraucherInnen stehen, die im Idealfall ihrerseits Werbung für das Produkt machen.
Man muss weder Theologie studiert haben, noch MarketingexpertIn sein, um dieses Buch lesen zu können. Ballardinis sachlich-lockerer Stil macht es den LeserInnen leicht, dem Inhalt zu folgen. Dabei verwässert sein Humor keineswegs den wissenschaftlichen Informationsgehalt. Auch wenn er der kirchlichen Vorgehens- und Verhaltensweise bisweilen kritisch gegenüber steht, so ist er doch niemals feindlich.
Bruno Ballardini: Jesus wäscht weißer. Wie die Kirche das Marketing erfand, Tropenverlag, Köln 2005, 12,80 Euro.