Wer Jonathan Safran Foers von der Kritik gefeierten Debütroman Alles ist erleuchtet gelesen hat, wird sich angesichts der Verfilmung von Liev Schreiber vor allem mit der Neugierde plagen, wie der Regisseur die ineinander verschachtelten Erzählebenen filmisch umzusetzen vermag. Schreiber mistet die komplexe Romanhandlung jedoch gehörig aus, lässt die fiktive Geschichte des jüdischen Schtetls Trachimbrod außen vor und konzentriert sich auf die vordergründige Erzählebene. Herausgekommen ist ein einfühlsames und amüsantes Roadmovie, das jedoch KennerInnen der Vorlage in einigen Punkten enttäuschen dürfte.
Jonathan Safran Foer, ein amerikanischer Jude, reist auf den Spuren seines Großvaters, der während des Zweiten Weltkriegs durch Flucht der Shoa entkommen konnte, in die Ukraine. An die Seite gestellt wurde ihm der prollige Dolmetscher Alex und dessen vermeintlich blinder Großvater, der als Chauffeur auftritt. Es gilt, Augustine zu finden, eine Ukrainerin, die Jonathans Großvater der Legende nach vor den Nazis gerettet haben soll. Die Suche des skurrilen Trios gestaltet sich schwierig, denn das Dorf Trachimbrod, zu dem die Reise gehen soll, ist von der Landkarte verschwunden, und auch die UkrainerInnen haben wenig Verständnis für den Juden, der auf den Spuren der Vergangenheit reist. Mehr und mehr wird die Suche auch für Alex und seinen Großvater zur Reise in die eigene Familiengeschichte. Antisemitische Vorurteile, Sprachprobleme und das Aufeinandertreffen der amerikanischen und ukrainischen Kultur bieten gehöriges Konfliktpotenzial.
Schade ist indes, dass Schreiber massiv in die Auflösung von Jonathans Recherchen eingreift. Während der verdrängte Antisemitismus in der Ukraine seismographisch den ganzen Film über protokolliert wird, kürzt der Regisseur die Erzählungen über die Auslöschung Trachimbrods auf ein Minimum zusammen. In Foers Buch schreibt Alex an den Amerikaner: »Und so, wie ich dich rette, könntest du Großvater retten.« Der Aufforderung, Alex' Großvater von seiner Schuld reinzuwaschen, kommt Jonathan nicht nach. Schreiber aber scheint diese Bitte des Ukrainers aufzugreifen und bietet den KinogängerInnen ein unlogisches und pathetisches Ende, das allzu sehr Heile-Welt-Fantasien befriedigt.
Alles ist erleuchtet, USA 2004, Regie: Liev Schreiber, DarstellerInnen: Elijah Wood, Eugene Hutz, Boris Leskin. Kinostart: 15. Dezember 2005.