Noch kann man im Keller der Unibibliothek zu den Gebetszeiten muslimische Studierende antreffen, die sich zu ihren Gebeten zurückgezogen haben (siehe philtrat nr. 83). Das soll sich bald ändern. Die Universitätsverwaltung teilte Anfang Dezember mit, dass der Platz bis Ende Januar geräumt werden müsse.
»Angesichts der Raumnot an unserer Hochschule brauchen wir den Platz, um zusätzliche Lagerkapazitäten zu schaffen«, sagt Unisprecher Patrick Honecker. Die Studierenden seien nur geduldet gewesen: »Eine vertragliche Grundlage gab es nicht.« Denn die Uni Köln stellt für religiöse Gruppen grundsätzlich keine festen Räume bereit. Sie steht aber in Kontakt mit der Islamischen Hochschulvereinigung Köln (IHV). »Wir haben Hilfe bei der Suche nach einem neuen Raum angeboten«, sagt Honecker. Ein solcher Raum wäre wohl nicht direkt an der Uni, für die Miete müsste die IHV selbst aufkommen.
Seit zehn Jahre nutzen viele muslimische Studierende, von der Verwaltung geduldet, zwei Ecken unter der Treppe zum Bibliothekskeller, eine die Frauen, eine die Männer. Dort lagern sie einen Karton mit Gebetsteppichen und ein Exemplar des Korans. Einige von ihnen haben im vergangenen Jahr erfolglos Unterschriften gesammelt, um einen Raum zur Verfügung gestellt zu bekommen. Ende Oktober veröffentlichte der Kölner Stadt-Anzeiger dann einen Artikel über die Gebetsecke der Kölner Studierenden. Darin betont Honecker, dass die Universität dem Laizismus verpflichtet ist und für MuslimInnen keine Ausnahmen macht. Einige muslimische Studierende vermuten nun, dass die Uni sie wegen dieses Artikels aus dem Bibliothekskeller vertreiben wolle.
Viele praktizierende MuslimInnen beten fünfmal täglich. Elhakam Sukhni von der IHV sieht auf einige von ihnen Probleme zukommen. »Der Raum ist dann weg, aber die Pflicht bleibt«, sagt er. Er geht davon aus, dass viele muslimische Studierende künftig ihre Teppiche zum Gebet an anderen Orten an der Uni ausrollen werden. Denn sie werden nicht immer Zeit haben, zwischen ihren Vorlesungen zur Moschee in der Kyffhäuserstraße zu laufen. Sukhni befürchtet, durch Beten an belebten Stellen könnten sich andere Studierende gestört oder provoziert fühlen.
Von ihrem Wunsch nach einem Gebetsaum rückt die IHV nicht ab. Ein solcher müsste ihrer Vorstellung nach auch nicht allein MuslimInnen zur Verfügung stehen. »Einen 'Raum der Stille' finde ich eine gute Idee«, sagt Sukhni. An der Frankfurter Universität gibt es einen solchen Raum. Dort können neben muslimischen Studierenden auch andere Studierende beten oder sich vom Uni-Stress erholen. Es finden dort außerdem Veranstaltungen zur Förderung des interreligiösen Dialogs statt.
Nicht nur die Kölner Universität lehnt einen ausgewiesenen Gebetsraum ab: Auch die muslimischen Studierenden an der Fachhochschule Aachen beten in einer abgelegenen Ecke. In Bonn kennt man das Problem ebenfalls. »Wir beten auf dem Flur vor einem Hörsaal«, sagt Bacem Dziri aus dem Vorstand der Bonner IHV.